Posts mit dem Label Urban Gardening werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Urban Gardening werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Samstag, Juni 14, 2014

Genius loci

Seit 1991 leben und gärtnern wir am Berliner Stadtrand. 1989, im Jahr der Wende, lebten wir noch mitten in Berlin, im Wedding; aber wir wollten sofort raus ins Jrüne ...und das damals ganz schnell. Ist uns ja auch gelungen.
Ich pendle seit dieser Zeit täglich zwischen drinnen und draußen, da mein Arbeitsplatz immer noch im südlichen Berlin liegt.
Aber was zwischen Lebensmittelpunkt eins ( in Berlin) und Lebensmittelpunkt 2 (um Berlin) so passiert, kriege ich meistens nicht so richtig mit, und wenn, dann nur gefiltert durch Presse, Autoradio und Berliner Abendschau.
Vermutlich einer der Gründe, weshalb ich bisher nie so ganz verstanden hatte, weshalb die Berliner so ein Gewese machten, als es dann nach der Schließung des Flugplatzes 2008 darum ging, ob der ehemalige Flughafen in Tempelhof bebaut werden sollte.
Hier kann man mehr zur Planungsgeschichte nachlesen:
http://www.tempelhoferfreiheit.de/planung-und-entwicklung/planungsgeschichte/


Wieso sollte dort  nicht eine Bibliothek auf dem Feld entstehen und eine Randbebauung des Feldes  mit Wohnungen erfolgen, die bezahlbar sind? Mitstimmen beim von der Bürgerinitiative  '100 % Tempelhofer Feld' eingebrachten Volksentscheid durfte ich nicht, da ich knapp  200 m außerhalb Berlins in Brandenburg lebe.


War auch besser so, schließlich hatte ich keine Ahnung, was die Berliner Bürger so kompromisslos agieren ließ.
Vorgestern hatte ich Gelegenheit den 'Genius loci' dieses Ortes kennenzulernen und beginne zu verstehen.
Ich hatte mich für eine freilandbiologische Fortbildung angemeldet, die vom Freilandlabor des Britzer Gartens  ( hier fand 186 eine Bundesgartenschau statt) angeboten wurde. Die haben inzwischen 'einen Filiale' auf dem Tempelhofer Feld auf dem Areal der ehemaligen Wetterstation.


Vom U-Bhf Boddinstraße mitten in Neukölln lief ich ca. 10 Min. und war dann auf dem riesigen Gelände des Tempelhofer Felds, der 'Tempelhofer Freiheit'.
Endlose Weite... Eben noch stickige Häuserschluchten...dann...
ganz Gallien Berlin ist von den Römern Spekulanten und Gentrifiziern besetzt. Ganz  Gallien Berlin? Nein! Ein von unbeugsamen  Galliern  Berlinern bevölkertes Dorf hört nicht auf, den Eindringlingen Widerstand zu leisten. .
Bei einem Teil dieser Neugallier handelt es sich um die  die 'Urban Gardeners', die ihre Hochbeete auf dem (sicherlich kerosinverseuchten) Boden hochgezogen haben.




Ein Typus anarchischer Gärtner/innen, der mir imponiert. Schade, dass es solche Gartenverrückte nicht schon zu Mauerzeiten gab, da hätte ich sicher auch sofort mitgemacht.


 Hochbeete , Bänke, Tische und Kompostsilos per DIY entstanden, aus Paletten recycelt. Darin grünt, blüht und fruchtet es . Während in meinem Stadtrand-Hochbeet die Erbsen gerade mal blühen, könnten sie hier schon geerntet werden.


Ich frage mich allerdings, wo sie das Wasser zum Gießen herbekommen? Eigentlich hatte ich vor, beim 'Langen Tag der Stadtnatur' teilzunehmen, der dieses WE läuft. Hier wird auch eine Fahrradtour zu den 'Gärten' des Tempelhofer Feldes angeboten. Sicherlich hätte ich dort mehr erfahren, aber die Tour, die mich interessierte, ist leider schon ausgebucht...und außerdem habe ich an Schreibtisch und eignem Garten jede Menge zu tun.
Grinsen musste ich, als ich inmitten dieser grün-kreativen UnOrdnung ein großes H-förmiges ziemlich professionell gebautes Hochbeet entdeckte, auf dem verdorrte Pfalnzen vor sich hinstarben.
Vorne auf dem Hochbeet hatten sich seine Erbauer mit großen Lettern verewigt.


Vor ein paar Wochen hatte ich an einer Fortbildung zur Schulgartenarbeit teilgenommen, wo uns genau dieses 'sich-selbst-bewässernde-Beet' von den Erbauern vorgestellt wurde. Ich war ziemlich beeindruckt, als ich die Konstruktion kennenlernte. In der  Peter Lenne Schule ist ein Oberstufenzentrum  Agrarwirtschaft und eine Fachschule für Gartenbau angesiedelt.



Wie ich auf dem Schulgartentag erfahren hatte, haben Schüler lokale Urban‐Gardening‐Initiativen zum dezentralen Wassermanagement auf gärtnerisch genutzten Stadtflächen -u.a. dem Tempelhofer Feld- beraten. Hier gibt es einen interessante Dokumentation ihrer Projekte.
Was ist passiert, dass die Bewässerungsanlage versagte?


Drumherum war alles grün, nur hier nicht...und dass obwohl trotz etlicher Tage mit tropischer Hitze eigentlich genügend Wasser vom Himmel kam!  Komplizierte Pläne alleine bringen's offenbar nicht.




Aber mein Ziel war ja das Zelt auf dem ehemaligen Areal der ehemaligen Wetterstation des Tempelhofer Flughafens. Als ich da ankam, waren Monteure dabei igendwelche Kabel der Sendemasten zu demontieren. Wir trafen uns im Zelt, das hinter den Gebäuden hervorlugt.





...dort beschäftigten uns dann mit freilandbiologischen Themen zur Wiesenvegetation.....fingen Wiesenplankton..beobachteten einige von den 195 (!) Brutpaaren der Feldlerchen , die hier mitten in der Stadtlandschaft brüten...


....stellten fest, dass der Wind in Stärke 3  aus SWS über das Feld pfiff..
.

Das war ein wunderschöner lehrreicher Nachmittag, ich habe Gelegenheit gehabt, Wissen aufzufrischen, Neues zu lernen und wahrzunehmen und meinen Blick auf das Tempelhofer Feld korrigieren können.
Vielleicht auch, weil mir Sequenzen aus meiner aktuellen Bettlektüre in den Sinn kamen. Michael Pollan hat 'Second Nature' über seine Lehrzeit im Garten schon 1991 geschrieben.(Offenbar ist der amerikanische Umweltprofessor zur gleichen Zeit zum 'Gärtner' geworden wie ich.)
 Er ist mir allerdings bisher nie untergekommen, erst seit 2014 gibt es auch eine Übersetzung des Buches ''Meine zweite Natur', und die lese ich gerade und bin begeistert!
So schreibt er 'Wie wäre es, wenn wir jetzt einmal nicht mehr auf die Wildnis, sondern auf den Garten bauen würden, wenn es um die Zutaten einer neuen (Umwelt) Ethik geht?'...'Meine begrenzte Erfahrung im Garten hat mich davon überzeugt, dass die nötigen Bausteine- die neuen Naturmethapern, die wir brauchen-möglicherwiese dort zu finden sind. Der Garten ist nämlich ein Ort mit langjähriger Erfahrung in Fragen, die mit der Rolle des Menschen in der Natur haben'
Und dann stellt er 10 vorläufige Überlegungen an, was für Antworten der Garten geben könnte.
Punkt 1:
...eine Garten-Ethik würde also mit Alexander Popes berühmten Rat an die Landschaftsarchitekten beginnen: >Bei allem hört auf den Genius Loci<....Popes geflügeltes Wort deutet an, dass es auch Orte gibt, deren Genius, falls man auf ihn hört, zu >>keinen Kompromissen << raten würde. Was für Yosemite passt, muss für Cathedral Pines deshalb noch lange nicht sein.....




Ich jedenfalls habe den Genius Loci des Tempelhofer Feldes gespürt und bin gespannt, wie sich diese Riesenfläche innerhalb Berlins weiter entwickeln wird.

Sonntag, Mai 08, 2011

Im Prinzessinnengarten

Gelesen hatte ich bereits von ihnen, wie man ja als gärtnerndes Wesen alles aufsaugt, was sich in der Welt der Hortophilen so tut. Ich meine die sogenannten Prinzessinnengärten direkt am Moritzplatz mitten in Kreuzberg in Berlin, unmittelbar neben der Prinzessinenstraße.
Landwirtschaft bzw. Gartenbau inmitten der Stadt umtost vom Straßenverkehr, wie soll das gehen? Das wollte ich mir anschauen, am Samstag war sogenannter Pflanzentag, auf dem man Jungpflanzen, Saatgut und Erde für den Eigenanbau erwerben kann und auf dem die Berliner Gemeinschaftsgärten untereinander Pflanzen tauschen sollten. Es gibt auch einen gut gemachten Blog  zu den Gärten , in dem man nachlesen kann, welche ambitionierten Projekte dort anstehen.

Ich bin absolut begeistert von dieser Idee mitten in Berlin Gartenbau zu betreiben und dabei auch soziale Aspekte zu berücksichtigen:
"Unser urbanes Grün ist ein öffentlich zugänglicher Ort, der neben der biologischen auch die kulturelle und soziale Vielfalt befördern soll. Wir veranstalten kollektive Gartenbauaktionen, an denen mehrerer hundert Interessierte und Nachbarn teilnehmen, eine “Gartensprechstunde“ und zahlreiche Bildungs- und Kulturangebote und beziehen auf diese Art die unterschiedlichen städtischen Kulturen, Milieus und Lebensformen aktiv in unseren Garten ein."
Hätte es so etwas in meiner Zeit in Berlin gegeben, wäre ich vermutlich immer noch dort. Ich bin gespannt, wie sich dieses Projekt weiter entwickeln wird.


Etwas befremdet bin ich allerdings von dem Anliegen auf der  6000m² großen vom Liegenschaftsfond gepachteten Fläche Gemüse in Bioqualität anbauen zu wollen. Die Gemüsepflanzen werden in Plastikkisten und alten Reissäcken gezogen, da der Boden des Grundstückes mit Schadstoffen belastet und verdichtet ist. Ich gehe davon aus, dass die Substrate auf denen die Kulturen angezogen werden einwandfrei sind, aber was ist mit den Emissionen  der Autos, die täglich hier vorbeifahren?

Am Samstag war nun also Pflanzentag, verschiedene Organisationen wie VERN , Keimzelle, Domäne Dahlem etc. boten Jungpflanzen  und ökologisches Saatgut an.



Ein ökologisch wirtschaftender Waldhof- dessen genauen Namen ich vergessen habe- hatte jede Menge verschiedener Tomatensorten-Jungpflanzen im Angebot.
Eigentlich hatte ich ja nach meinen Erfahrungen mit der Braunfäule mit dem Thema Tomaten im Garten abgeschlossen, bekam aber auf dem Markt den heißen Tipp es doch mal mit der 'Gelben Murmel' zu versuchen. Die 'Gelbe Murmel' soll identisch mit der dort angebotenen Cocktailtomate 'Golden Current' sein, diese wanderte dann also in den mitgebrachten Korb. Man soll die Hoffnung nicht aufgeben...Außerdem habe ich mir Saatgut einer weißen Mohrrübe und Ostdeutschen Mohn  (!?) mitgenommen.
Eine Ecke des Geländes war für einen Pflanzentauschmarkt ( Social Seeds) hergerichtet, allerdings war da noch nicht allzu viel los, 11 Uhr scheint für Kreuzberger urbane Gärtner wohl zu früh zu sein. Jedenfalls hatten sich erst zwei tauschwillige Gärtnerinnen eingefunden.

Und hier ein Rätselbild für Gartenbauer: Um welche blühenden Gemüsesorten handelt es sich auf dem Foto?



Frühlingserwachen zum ersten...zum zweiten...und zum dritten?

Endlich scheint der Frühling sich entschlossen haben doch noch ins Land zu ziehen. Die öden und deprimierenden Tage und Nächte des Kah...