Mittwoch, Mai 07, 2014

Auswilderung


Der Giersch muss weg
Wenn die Gärtnerin nachlässig, abwesend ist und in ihrem Eifer nachlässt, läuft die Natur zur Höchstform auf: Die Sukzession in meinem Garten schreitet voran. Da hilft nicht mal schnelles Jäten, um den Boden frei zu machen und den verzärtelten Kulturpflanzen Platz zu machen, man(n) muss mit Grabgabel und Staudenspaten ran, um am ersten Mai seinen Tag der Arbeit zu feiern.
Da stürzen sich irgendwelche hungrigen Insektenlarven -vermute ich- auf meinen kleinen kultivierten Schneeball-Nanus und drohen ihn zu vernichten. Ein Teil des Geästs ist bereits abgestorben.

Viburnum opulus 'Nana'

Zwischen meiner Baptisa australis hat sich der Hopfen breit gemacht, am schlimmsten sieht es aber im Ostbeet aus an der Grenze zum wohlgepflegten japanisch anmutenden Garten unseres Nachbarn: Giersch, Giersch und nochmals Giersch.
Selbst auf unserem so pflegeleichten zwanzigjährigem Gründach finden sich Pflänzchen, die so nicht von mir gewollt waren: Jede Menge Vogelwicken zweier Arten ( eine ist Vicia cracca, die andere müsste ich noch einmal nachschauen.) Vor vier Jahren hatte ich mal das Dach mit ein paar in der freien Natur gefundenen Samen 'angesalbt'.  Vor zwei Jahren bemerkte ich bereits eine Zunahme dieser Wicken, die zwischen der dicht geschlossenen Sedumdecke problemlos keimten, dann war letztes Jahr Ruhe...jetzt sind sie wieder da- die wilden Wicken.


Invasion auf dem Gründach
Die gakelige Wuchsform meiner geliebten Fliederbüsche gefällt mir überhaupt nicht mehr, gärtnerischer Schnitt könnte vielleicht helfen.


Flieder 'Sensation'
Oder sind die beiden Sorten  nur auf Blütenschönheit gezüchtet worden, und der Habitus wurde bei der Zuchtauslese vernachlässigt?
Vom Zwergflieder 'Palibin' stehen in meinem Garten zwei Exemplare: einer in der prallen Sonne, der andere mehr im Halbschatten. Der im Schatten wächst auch gewünscht zwergig, während der im Licht in dieser Jahreszeit immer förmlich explodiert und auch überhaupt nicht zwergig wächst.
Ein schönes Beispiel für die Bedeutung der Standortbedingungen einer Pflanze.

vorne Zwergflieder Nr. 1 im Hintergrund das hochgewachsene zwetie Exemplar
Das Foto des Prachtpalibins ist aktuell...der Wind fegte durch seine Äste. Aber auch in diesem Flieder bemerke ich mit Argusaugen, dass der ursprüngliche schön-kugelige Wuchs verändert ist. Vergreisung? Passend zu Gärtnerin? Ich werde mich wohl mal näher mit Verjüngungsmaßnahmen bei meinen Gehölzen beschäftigen müssen. Bei denen helfen ja einfache Schnittmaßnahmen....


Auf dem zum letzten Mal im Herbst gärtnerisch behandelten Hochbeet ist trotz Nachlässigkeit und dank des schwachen Winters bereits alles grün. Der im Herbst gepflanzte Knoblauch ist zum ersten Mal in meinem Garten durchgekommen, der sich selbst ausgesäte Kerbel blüht und hängt ( Wind und Regen) dekorativ blühend über die Wände. Die noch schnell vor meiner Reise gesetzten Kohlrabi und Zwiebeln haben überlebt. Der 'deutsche'Knoblauch ( namentlich so gekauft) und der Meerkohl hat seinen dritten Winter überstanden, wenn auch etwas mickrig.



In manchen Ecken des Garten herrscht kooperatives Miteinander zwischen Kulturpflanzen und den wilden Mitbürgern...ich genieße die üppige Fülle...aber bei genauem Hinsehen entdecke ich auch hier, wie die wilden Winden sich in Position treiben um alles zu überwuchern.

Lunaria annua, Süßdolde und Sambucus 'Black Lace'
Ganz vorne meine Baumpäonie, die ich vor drei Jahren als Ersatz für meine vorherige 'Taschentuchpäonie' ( mein Name für sie) auf der Staudenbörse in Berlin erstanden habe. Der Name müsste irgendwo im Blog noch zu finden sein.

Japanische BAumpäonie und Steine aus dem Vagali Sotto und dem Serchio-Flußtal
Die Sorte ist sehr kleiwüchsig mit riesigen Blüten. Ich bemerke innen ein Hauch von rosa, liegt das an den Eisheiligen, die wir hier gerade überstanden haben?


Auch im hinteren Teil des Garten beginnt die Päonienblüte: 'High Noon' öffnet sich gerade,die Rockii Hybride ist schon weiter und wird sicher bald -wie immer- mit Hilfe des Windes ihre Bütenblätter abwerfen.

Mein Sohn hat während unserer Reiseabwesenheit immerhin die Schnittmaßnahmen an meinen Buchsbeeten durchgeführt, das gibt der Wildnis einen Hauch von 'Ordnung'. Obwohl er beteuert an einem bewölkten Tag geschnitten zu haben, sieht man, dass Buchs auch sehr schnell einen Sonnenbrand bekommen kann. Aber das ist mir auch schon passiert, es ist eh schwierig im April/ Mai einen  günstigen Zeitpunkt für den Schnitt zu finden.


Dienstag, Mai 06, 2014

C bis E

Chiesa
Ein Wanderurlaub mit Hund war unsere Absicht, als wir die wilde Garfagnana als Ziel aussuchten. Und mit einem Hund kann man Kulturelles nur am Rande aufnehmen, dazu gehörten dann durchaus einige Kirchen, an denen man auch mit Hund nicht vorbeikommt.

San Cassiano








Zugegeben, der Pisaner Romantik-Bau des Doms ist wesentlich eindrucksvoller- den haben wir selbst mit Hund nicht ausgelassen- aber diese kleine romanische Kirche 'San Cassiano di Controne' auf unserem Weg nach San Pellegrino in Alpe hat mich mit seiner teilweise skurilen Ornamentik beeindruckt. Und außerdem waren wir hier im Unterschied zu Pisa einzigen Touristen, die hier am frühen Morgen um die kleine Kirche mit ihren Kameras herumflanierten.


Die Kirche war leider verschlossen, und wie meistens bei unseren Touren in die Bergwelt, kaum ein Mensch unterwegs. Die Kirche ist seit Mitte des 8. Jahrhundert dort und im Laufe der Jahrhunderte baulich erweitert und verändert ???


Was haben wohl die Figuren auf den Fassaden zu bedeuten? Kindlich wirkende Menschenreliefs  mit erhobenen Armen, nicht zu einzuordnende wild aussehende Tiere stehen über den Fenstern und Eingangsportalen.






Gegenüber auf einem weiteren Gebäude ein Glöckchenturm mit weiteren 'witzigen' Figuren. Sind das Hunde, die sich in den Schwanz beißen ..oder Jagdhunde, die gerade einen Fuchs im Bau erwischen?




Es gibt auch eine FaceBookseite über das Örtchen, aber weitere Infos über dieses uralte Kirchlein habe ich auch hier nicht gefunden.

Dolce

Na klar haben wir in italienischen Restaurants gegessen, allerdings nicht sehr häufig. Wir stellten fest, dass in der ländlichen Gegend der Nordtoskana im Unterschied zu den typischen Toskanaorten der Mitte kaum Touristen unterwegs waren und die gastlichen Stätten oft noch geschlossen.
Wer Ruhe sucht- wie wir- kann sie in der Garfagnana finden.


 Wie schon erwähnt, wegen Hund Sammy (der sich in Restaurants aber fantastisch benehmen kann und sich nicht rührt , wenn eine mutige Bedienung über ihn hinwegsteigt) sind wir eher selten eingekehrt.

Wir finden Italien ausgesprochen hundefreundlich, selbst in den botanischen Garten durften wir Sammy mitnehmen...wenn da nur nicht so viel andere Hunde wären ... die groß und böse sind. Dann mutiert auch Sammy zum bösen Schäferhund. In Lucca gab's glücklicherweise hauptsächlich kleine, die Sammy grundsätzlich nicht ernst nimmt.
Also  nahmen wir eines schönen Frühlingstages im hübschen Lucca mitten auf der Piazza Anfitheatro in Lucca ein (Touristen-) Menü ein. Das Eis -italienisch bunt, der Rest nicht erwähnenswert, höchstens, dass mein GG mal wieder vergessen hatte, dass der gemischte Salat in Italien meistens langweilig daherkommt.

Extra
Während in den sonnigen Tälern der  Frühling mit Riesenschritten einzog, konnten wir weiter oben noch einmal -extra- einen zweiten Vorfrühling erleben.
So schraubten wir uns an einem der Urlaubstage auf der serpentinenreichen Straße von Castelnouvo di Garfagnana  zum Passo delle Radici  über San Pellegrino in Alpe hoch. Je höher wir kamen, desto weniger Frühling, aber umso mehr Panorama.

Blick Richtung Westen auf die Apuanischen Alpen
Beim Dörfchen Sassorosso machte wir ein erstes Päuschen, um die Aussicht und das Örtchen Massa Sassarosso anzusehen, die Aussicht zu genießen und die Natur zu bewundern. Hier blühten noch die Himmelschlüsselchen , die sowieso wie überall in der Garfagnana vorkommenden wilden Lenzrosen hatten allerdings schon Früchte.
Blick von Sassarosso nach esten auf den Pania di Corfino?

Sassarosso im Hintergrund Apuanische Alpen nach Osten
Blick Richtung Westen
Blick von Sassarossa auf die Berge im Westen

Dann ging's höher bis zum Passo delle Radici, der laut Reiseführer, der wichtigstes Skiort des Gebietes sein soll mit drei Liftanlagen. Gut, die Skisaison war glücklicherweise vorüber, die Schneeschmelze ging voran, Vorfrühlingsblüher wie der Crocus vernus und Scilla bifolia zeigten sich überall.

Crocus vernus







Kurz vor San Pellegrino hielten wir und sonnten uns auf den fast schneefreien Abhängen. Während Sammy von Schnee und Freilauf berauscht war und gar auf dem Rücken im Restschnee herumrutschte, rutschte ich auf den Knie umher und  fotografierte Krokusse und Co.

Mein Schuh, mein Hund und mein Rucksack
Scilla bifolia



Dann die 1500 m höher in den Ort San Pellegrino hinein, dort fanden wir tatsächlich ein geöffnetes Restaurant, speisten unter Beobachtung einer Video Kamera, so dass die Chefin genau wusste, wann sie uns den nächstens Gang servieren durfte.

San Pellegrino liegt zur Hälfte in der Provinz Modena und mit der anderen in der Provinz Lucca, ist berühmt wegen seiner Wallfahrtskirche, die einen Schrein besitzt, der die sterblichen Überrreste des Hl. Pellegrino und des Hl. Bianco aufbewahrt.  Im alten Hospital direkt daneben hätte man- wenn's denn geöffnet gewesen wäre- ein Bauernkulturmuseum besuchen können.
Das gleichnamige Mineralwasser stammt übrigens aus San Pellegrino aus der Provinz Bergamo und nicht aus dem beschriebenen Ort. Und der Heilige Pellegrino war einer der vielen nach ihrem Tode heilig gesprochenen Bischöffe. Aber nach wem wurde der denn nun wiederum benannt???

Montag, Mai 05, 2014

Mein italienisches Frühlingsalphabet

Celle di Puccini
Ein bißchen möchte ich schon noch berichten von unserer schönen Wander- und 'Forschungsexpedition' in die Garfagnana. Statt chronologischer Berichte, gibt es hier ein paar persönliche Eindrücke von dem, was mir so des Weges aufgefallen oder eingefallen ist.

Arancia

Endlich Mandarinen und Orangen essen und ihren Saft trinken, die wirklich so schmecken und riechen, wie ich sie aus meiner Kindheit meine mich zu erinnern...süß und voller Saft. Die Hausbesitzer in den Tälern und sonnigen Hängen begannen gerade ihre Zitrustöpfe wieder in die Gärten zu stellen, nur an einigen Villen in den Tälern scheinen die Pflanzen auch ganzjährig an geschützten Stellen ausgepflanzt zu überleben.



Barga....

Sommocolonia
... ein Städtchen im Serchiotal unweit von unserer Ferienwohnung gelegen, war der Ausgangspunkt für unsere erste Wandertour. Der Wanderführer hatte sie mit drei Sternchen bewertet, was Wege für sportliche Wanderer bedeutete, sie sollte nur 3 Stunden dauern. Na gut, dachten wir, übersahen dabei aber Aufstiege von 550 m ( auf 750 m Richtung Sommocolonia) und die strahlende italienische Sonne in Gewitterstimmung mit stechenden Strahlen. Um es kurz zu machen, wir brauchten länger als die angegebene Zeit, und die Sonne machte mich fertig.
Ich quälte mich trotzdem hoch, die Natur war einmalig. Die Baumheide duftete, der Lorbeer blühte,  der Ginster leuchtete. Orchideen ( Orchis provincalis) sprossen an den Steilwänden der Wanderwege oder auch mitten drin.



Wasser floss überall in den felsigen Hügeln, so dass Hund und sein Rudel sich glücklicherweise immer abkühlen konnten. Meine Thermoregulation scheint der meines Hundes Sammy zu ähneln, die nicht über Verdunstungskälte funktioniert, wie bei meinem schwitznassen menschlichen 


Begleiter. Ich laufe stattdessen puterrot an und war froh regelmäßig Gesicht und Unterarme unter frisches Wasser zu halten...Sonnenstich drohte. Hatte ich schon mehrfach erlebt bei Outdoor-Aktivitäten. 

Das frische Quellwasser wird auch ins Tal abgeleitet auf sehr elegantete Art und Weise ;-)
Unser Ziel war Sommocolonia, einem sehr einsamen Ort , in dem es laut Wanderführer nur 10 ständige Bewohner gibt...von denen wir aber gleich drei plaudernd beim Betreten des Ortes vor der Kirche San Rocco antrafen. Auch hier gab's wieder sprudelndes Wasser, und eine kurze Rast.


 Leider wurde uns der Weg durchs Dorf verwehrt, ein freilaufender Hund machte deutlich, dass er territoriale Ansprüche hat, und Sammy war an der Leine davon gar nicht erbaut. Der bläst sich in solchen Fällen auch immer enorm auf.
Dächer über Sommocolonia




 Also stiegen wir erst einmal zur Burgruine auf,  wo eine der 'vielen grausamen Schlachten am Ende des zweiten Weltkieges ' stattgefunden hat. Im bereits erwähnten Führer wird das Perfide dieses Kampfes kurz dargestellt: In Sommocolonia befand sich die Division Buffalo, eine Einheit aus afro-amerikanischen Soldaten, die diesen wohl strategisch wichtigen Ort verteidigt haben. Ich zitiere: " Als keine Hoffnung mehr bestand den Ort zu retten, gab Sgt. John Fox schließlich seine Position der eigenen Artellerie als Ziel an. Er und sein Funker wurden später unter den Trümmern tot geborgen"

Die Hintergründe für diese verzweifelte Tat erschlossen sich mir erst richtig, nachdem ich mir anschließend 
James McBrides Buch als Urlaubslektüre auf mein Kindle heruntergeladen hatte und an einem weiteren Tag den Drehort Colonoria für Spike Lee's Film Buffalo Soldiers...Das Wunder von Sant Anna.... besichtigt hatte.
Seit 2001 werden heute jedes Jahr in Sommocolonia der gefallenen amerikanischen Soldaten gedacht.

Das Entsetzen über diesen Weltkrieg begleitete mich  Schritt und Tritt, ich kann es nicht ausblenden als (eskapistische) Gärtnerin, die sich aber gleichzeitig freuen kann über den aus den Burgruinenresten treibenden Goldlack in knallender Sonne. 
Ist die Burgruine nun dem Weltkrieg um Opfer gefallen oder  waren sie schon vorher Ruinen? 



Ausssicht von einer Plattform in der Nähe der Burgruine
Ein Picknick wurde dann auf einer Panoramaterasse vor der Kirche San Frediano gemacht, der Ausblick war fantastisch, wenn auch ein trüber Dunst über allem in der Ferne Richtung Apuanische Alpen lag.


Es lag ein Gewitter in der Luft, wir stiegen wieder ab.  Von anderen Touristen keine Spur, uns begegneten allerdins einheimische Jugendliche auf ihren wilden Vehikeln auf dem engen Abstiegspfad oder wurden von wild bellenden Jagdhunden in ihren Zwingern erschreckt oder auch frei kläffend.Nicht unbedingt stressfrei für uns...gegen Motorräder hat Sammy nichts, wohl aber gegen seine nicht unbedingt wohl gesonnenen Artgenossen.

Manche Hundchen zogen sich glücklicherweise demütig zurück, wenn man sie ansprach.


Erschöpft kamen wir dann endlich auf unserem Parkplatz in Barga zurück, und es war genau zum richtigen Zeitpunkt. Der Regen brach los.
Fortsetzung folgt...


Frühlingserwachen zum ersten...zum zweiten...und zum dritten?

Endlich scheint der Frühling sich entschlossen haben doch noch ins Land zu ziehen. Die öden und deprimierenden Tage und Nächte des Kah...