Ursprünglich wollte ich als Titel dieses Postings 'Überlebende' nehmen. Aber dann erschien mir das doch etwas düster für meinen Bericht über eine Frühlings-Exkursion nach Ost-Brandenburg.
Zufällig hatte ich rechtzeitig mitbekommen, dass die Urania in Potsdam eine Tagesreise (mit dem Bus) zu gärtnerisch besonderen Frühlingsblühern anbietet, und zu meiner besonderen Freude auch noch unter der Leitung des bekannten Staudenzüchters Dr. Konrad Näser (und Christa Schmidt.)
Ich hatte bereits vor ein paar Jahren in meinem Blog über dieses Frühlingswunder im östlichen Brandenburg berichtet, und mich damals schon gefragt, wie die Massenvorkommen von Eranthis hyemalis sich dort ansiedeln und entwickeln konnten.
Unsere Exkursion führte tatsächlich zu 'Überlebenden'. Wie in GB, dem Traumort aller Gärtnernden, gab es nämlich auch in Preußen jede Menge Herrenhäuser, Gutshöfe, Schlösser mit Gärten und Parkanlagen. Nur leider haben der Krieg und seine Folgen dazu geführt, dass viele dieser Anwesen nicht mehr existieren, wohl aber als 'Zeugen' ihrer gärtnerisch interessierten Besitzer Pflanzen hinterlassen haben:
Schneeglöckchen, Winterlinge und Elfenkrokusse. Diese Geophyten sind, wie Herr Dr. Näser versicherte, niemals heimisch in Brandenburg i.e. Preußen gewesen, sondern vermutlich über Weltreisende, Plant Hunters und Botaniker nach Mitteleuropa (und GB) gebracht worden. Wie ich gelesen habe, nennt man sie auch Stinsenpflanzen. 'Stins' ist friesisch und bedeutet so viel wie Burg oder Landsitz. Nur die Bewohner einer 'Stins' konnten es sich damals leisten, die weit gereisten Zwiebelpflanzen um ihren Landsitz herum zu pflanzen.
Erste Station unserer Kurzreise am Samstag war Kunersdorf/Bliesdorf. mit einer Geschichte, die bis in die Zeit der Jungsteinzeit zurückgeht... "Von 1769 bis 1777 wurde das Gut umgebaut, so wurde von 1771 bis 1773 das „Schloss“ erbaut."Außerdem entstand damals auch eine Kirche. Davon ist heute nichts mehr übrig. Bis auf zwei Wohnhäuser ließ der 2. Weltkrieg Krieg von diesem Dorf nichts mehr übrig. Nur eine Dependance des Schlosses wurde auch zu DDR Zeiten genutzt, und nach der Wende wieder aufgebaut.
Musenhof Kunersdorf |
Es würde zu weit führen, hier ausführlich zu berichten. Erwähnenswert ist allerdings, dass die Berliner Frauen, die dieses Haus nach der Wende wieder mit Leben füllten, hier eine literarische und kulturhistorische Stätte geschaffen haben, die unbedingt mehr als einen Besuch wert ist.
Mich hat der Besuch des Musenhofs jedenfalls angeregt mehr über A.v. Chamisso als Naturforscher und Reisenden in Erfahrung zu bringen, als nur seine Peter Schlemihl Geschichte irgendwann in der Schule kennengelernt zu haben. Auch über die Geschichte der Frauen von Friedland werde ich ebenfalls mal nachlesen.
Wir besichtigten dort die im Haus befindliche Adelbert-von-Chamisso Ausstellung und die Begräbnisstätte der Familien v. Lestwitz/Itzenplitz...und natürlich den riesigen Park des umgebenden Geländes.
Adelbert von Chamisso als Pappkamerad mit Botanisiertrommel |
Wir wurden zunächst durch den 4000 m² Garten geführt und anschließend durch ein Tor über das ehemalige Parkgelände, der vermutlich von Lenné geschaffen worden war. Der Garten schließt mit einer Mauer ab, die noch teilweise ursprünglich ist.
Hinter ihr konnten wir neben posaunenden Kranichen beim Frühstück auf den Feldern auch die ersten Massenvorkommen von Eranthis hyemalis bewundern.
Ein Stück vom Musenhof entfernt liegt dann der teilweise gärtnerisch gepflegte Park, inmitten drin ein Denkmal für die Frauen von Friedland.
Dort, wo man das weiße Feuerwehrhaus sieht, stand einmal das Schloss Kunersdorf. |
Im hinteren Teil , der noch verwildert ist, sahen wir dann tatsächlich weitere Massenvorkommen an Schneeglöckchen und Winterlingen.
Tja, kein Wunder, dass Galanthus nivalis unter meiner Kiefer so zaghaft vor sich hinwächst....
Die Schneeglöckchen in Kunersdorf wachsen dort seit Lennés Zeiten unter Laubbäumen in fast anmoorigem Boden. Einen echten nach englischen Vorbild gestalteten 'Woodland Garden' gab es damals vermutlich, mit Sichtachsen und Teich .
how interesting that crocus flowers can recall history
AntwortenLöschenExactly, Diana.
LöschenDas ist ja ganz wunderschön,traumhaft! Danke für den interessanten Bericht,das meiste wusste ich nicht.Was für eine Geschichte.Dann gehören ja die Schneeglöckchen,Winterlinge u Krokusse im Gutshof Carolinenthal auch zu diesen geschichtsträchtigen Pflanzen...LGKatja
AntwortenLöschenGanz sicher, Katja.Es gab ja so unendlich viele Gutshöfe und Schlösser im Lande Preußen, die auch eine vielfältige Gartenkultur pflegten. Krieg und sow. Besetzung, Desinteresse der DDR an diesen adligen Hinterlassenschaften ließen so viel in zerfallen und in Vergessenheit geraten.
LöschenVielen Dank für dein Interesse!
LG
Sisah
Der Picasa Ling geht nicht?
AntwortenLöschenHm...habe ich auch schon bemerkt. Muss mal schauen...ob ich es richten kann.
LöschenDas sind sehr schöne Bilder und ein interessanter Bericht :) Ich mag vor allem die vielen, vielen Schneeglöckchen!
AntwortenLöschenVielen Dank für dein Interesse!
LöschenTolle Tipps, ganz lieben Dank! Mit Herrn Näser unterwegs, das ist natürlich was besonderes. Bin schon gespannt auf mehr. (Bei mir funktioniert der Link übrigens auch nicht.)
AntwortenLöschenSchöne Grüße
Xenia
Heute gibt es die Fortsetzung, dann erübrigt sich der Link.
LöschenBeste Grüße
Sisah
Wow, das ist ja ein Anblick. Ich finde das mit den Stinsen total interessant. Klingt aber sehr einleuchtend, dass es gerade dort zu Verwilderungen gekommen ist.
AntwortenLöschenLG kathrin
Das fand ich auch als ich das las. Herr Dr. Näser vermutete, dass Gutshof der Frauen von Friedland als geistig-kulturelles Zentrum Ausgangspunkt für die Weitergabe dieser Geophyten gewesen sein könnte. Die Frauen waren botanisch sehr interessiert: http://www.frauenorte-brandenburg.de/index.php?article_id=87
LöschenLG
Sisah
So schön! Da hast du einen schönen Ausflug gemacht. Sehr inspirierend :-) Liebe Grüße Annette
AntwortenLöschenHerzlichen Dank, Annette!
LöschenLiebe Grüße zurück
Sisah